Ein Brexit ohne Vertrag hat für die Digitalwirtschaft ungewollte Folgen: Auch wenn eine kurzfristige Verschiebung noch erfolgen mag, erscheint es zunehmend wahrscheinlicher, dass das Vereinigte Königreich die Europäische Union am 29. März ohne Austrittsvertrag verlassen wird. Anschließend wären Datentransfers in das Vereinigte Königreich rechtlich komplizierter als zum Beispiel nach Uruguay. Diesem Land attestiert die EU-Kommission – wie einigen anderen Ländern mehr – über einen entsprechenden Angemessenheitsbeschluss nämlich ein angemessenes Datenschutzniveau und vereinfacht damit den Austausch etwa personenbezogener Daten. Für Großbritannien soll es diesen allerdings in absehbarer Zeit eben nicht geben. Das hatte die EU-Kommission für den Fall eines ungeregelten Brexits ausdrücklich klargestellt – vor dem Hintergrund von DSGVO und der in der Diskussion befindlichen E-Privacy-Verordnung ein nicht zu vernachlässigender Sachverhalt.
Digitalbranche braucht Zeit für Umstellung
Nach einer aktuellen Mitgliederumfrage des BVDW sehen 71 Prozent der Digitalbranche einen solchen Angemessenheitsbeschluss auch für Großbritannien allerdings als wichtig an. Unternehmen der Digitalen Wirtschaft stünden ab dem 30. März 2019 ansonsten nur noch wenige Rechtsgrundlagen für Datentransfers zur Verfügung. Diese bestünden in erster Linie in der Erarbeitung und Verwendung genehmigter Verhaltensregeln oder in der vertraglichen Verwendung so genannter EU-Standardvertragsklauseln. Allerdings wären hierfür umfangreiche Audits und Abstimmungen erforderlich. Für die Umstellung auf andere Rechtsgrundlagen benötigen 60 Prozent der Unternehmen mindestens ein Jahr – ab dem Zeitpunkt, an dem die Erfordernis greift.
„Der Handlungsbedarf ist offensichtlich. Ein Brexit ohne Vertrag wird in der Digitalen Wirtschaft unabsehbare Verwerfungen und einen erheblichen Mehraufwand verursachen“, sagt BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr (IP Deutschland). Durch die EU sei das digitale Europa mehr und mehr verschmolzen. „Wenn durch den Wegfall der Rechtsgrundlagen am 29. März alle durch den Digital Single Market geschaffenen virtuellen Verbindungen in das Vereinigte Königreich abreißen, stehen zahlreiche Unternehmen vor existenziellen rechtlichen und in der Folge auch operativen Herausforderungen. Die ersten Unternehmen begegnen diesen derzeit wie in anderen Branchen auch mit einer Verlegung des Unternehmenssitzes in andere EU-Mitgliedstaaten. Gleichwohl besteht aber dringender Handlungsbedarf, um als europäische Digitalwirtschaft auch nach dem Brexit – in welcher Form auch immer - handlungsfähig zu bleiben. Entweder höchst kurzfristig oder eben bis zum endgültigen Austritt.“
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